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Kommunalwahlkampf 1979 – Berliner Tageszeitung berichtet über Südlohn

 

Die Auswüchse des Südlohner Kommunalwahlkampfes 1979 schlugen sogar Wellen in der überregionalen Presse. Die Berliner Tageszeitung ("taz") berichtete unter dem Titel "Wahlkampfblüten" am 28.9.79 ihren Leser*innen über das bunte Treiben in dem münsterländischen Dorf. Kritisch 11 druckte den Artikel ab:

"Südlohn-Münster (taz) – Seltsame Blüten treibt der nordrhein-westfälische Kommunalwahlkampf im Münsterland. Auf Nazi-Anhimmelung wird im Städtchen Südlohn-Oeding ebenso wenig verzichtet wie auf Flugblätter im Indianersprachstil. Hohe Wellen schlagen dabei besonders die Blätter der CSU-gewirkten Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG), die den SPD-Kandidaten Musholt mit den netten Worten "linke Rothaut" und "listiger Indianer" titulierte.

Begonnen hatte der Wirbel in der Stadt, deren Rat bei 2 SPD-, 9 UWG- und 16 CDU-Vertretern fest in den Händen der Christdemokraten liegt, bereits vor Monaten. Damals beherrschte das Stadtgespräch eine versuchte Entführungsaktion gegen den als "Roten Cäsar" unter Freunden geschätzten SPD-Mann. Nachdem sich dieser für Jugenliche eingesetzt hatte, die in einer Gärtnerei zu kostenloser Arbeit gezwungen werden sollten, stürmte der erboste Gärtnereibesitzer eines sonntags mit einigen Kumpanen die Kirche und zerrte den SPD-Mann aus die Bankreihe. Nur mit Mühen konnte der Überrraschte sich im Handgemenge freikämpfen und entkommen.

 

Ernstere Hintergünde haben öffentliche Äusserungen eines Kandidaten der UWG zu seinem Programm. Der "Unabhängige" Demming verwies dabei auf den Landmaschinenchef Kemper, wobei ihm der Alte noch lieber als der Junge sei. Kemper, der in seinem Betrieb keine langhaarigen Jugendlichen duldet und der am Stammtisch auch mal erzählt, es habe keine KZ's gegeben, erklärte sich gegenüber der SPD in einem Brief, den diese veröffentlichte. Darin heisst es: "Ihre Behauptung 'Kemper vertritt Nazi-Theorien!', möchte ich nicht einmal widersprechen, da ich mich mit Stolz dazu bekenne (...) Nach einem langen Weg der Wirrnisse wird meine Meinung als die Wahrheit von morgen dastehen!" Interessant gestaltete sich die Stellungnahme der CDU zu diesen Vorfällen. Die SPD-Publikationen beantwortete sie mit Etiketten wie "Polemik", "Hetzschrift","Verleumdung".